ENTDECKENSWERT: Alfonsina Storni.
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Paul-Henri Campbell in VOLLTEXT LESEN
«Was für ein außerordentlicher Kopf – und nicht im Geringsten unansehnlich! Silbernes Haar rahmte das Gesicht, das so frisch aussah wie das einer Fünfundzwanzigjährigen. Nie habe ich schöneres Haar gesehen. Wie Mondlicht am hellen Tag. In den weißen Wellen war noch ein blonder Liebreiz zu sehen. Die blauen Augen, die Stupsnase, französisch und sehr niedlich, und der rosa Teint geben ihr etwas Kindliches. Dieser Eindruck löst sich im Gespräch mit dieser scharfsinnigen, gereiften Frau bald auf. Sie ist von kleiner Gestalt, sehr beweglich und sprüht vor Intelligenz, ganz ohne Übertreibung.»
Gabriela Mistral über Alfonsina Storni, CARDO
Alfonsina ist noch kein Sujet für Kühlschrankmagnete wie Frida Kahlo, aber nach Storni sind Straßen und Plätze benannt, nicht nur in ihrer zweiten Heimat Argentinien, sondern in ganz Lateinamerika. Noch heute lernen Schulkinder ihre Gedichte auswendig, kürzlich wurde ein neuer argentinischer Lyrikpreis nach ihr benannt, ja, in Buenos Aires reicht es, «Alfonsina» zu sagen, um von der argentinischen Schriftstellerin mit Schweizer Wurzeln zu sprechen. Das ist erstaunlich. Hätte denn bei Ingeborg oder Max der Vorname allein genügt? Und trotzdem fragt man hier im deutschsprachigen Europa: «Alfonsina wie?»
Hildegard Keller zu Alfonsina Storni und ihrer Rezeption (Volltext 4/2022).
Dass der unkonventionellen Literatin Alfonsina Storni der ihr gebührende Platz auch im deutschsprachigen Raum gewährt wird, ist Hildegard E. Keller zu verdanken. Was sie zu der Werkausgabe bewegt hat? «Es ist erstaunlich», meint die Übersetzerin, «dass eine wichtige Autorin wie in einem Eisblock erstarren kann, noch mehr aber staune ich, wenn dies einer so vitalen, warmherzigen, talentierten Autorin wie Alfonsina Storni widerfährt. Ich möchte sie auftauen, für alle, die ihr Werk wirklich kennenlernen möchten.»
Stef Stauffer, Tessiner Zeitung
Alfonsina Storni kam in der heutigen Gemeinde Capriasca nah bei Locarno auf die Welt. Dass sie Schweizerin war, ging in der spanischsprachigen Welt, in die sie mit vier Jahren kam, vergessen. In Argentinien wurde sie zur Grossstädterin, feministischen Kämpferin und Künstlerin. Von 1912 bis zu ihrem Freitod 1938 lebte sie in Buenos Aires; als alleinerziehende berufstätige Mutter und Künstlerin sie eine kraftvolle Stimme der lateinamerikanischen Literatur des 20. Jahrhunderts. Alfonsina Storni ist die berühmteste Schweizer Schriftstellerin, die nicht in einer Landessprache schrieb. Ihr Werk ist eine Entdeckung wert: Lyrik, Erzählungen, Essays, Aphorismen und Autobiografisches sowie – ihr Herzstück – Theaterstücke für Erwachsene und für Kinder. Erstmals ist Alfonsina Stornis Werk in ganzer Breite auf Deutsch zugänglich. Die fünfbändige Werkausgabe der Edition Maulhelden ermöglicht einen neuen Blick auf ihr Leben und Werk und die verschlungenen Wege ihrer Rezeption.
Und das Lied Alfonsina y el mar, das Mercedes Sosa in die Welt hinausgetragen hat?
Das Lied ist schön und wird auch heute noch immer wieder neu interpretiert. Für den Namen Alfonsina wurde es zu einem mythischen Grabmal für eine Selbstmörderin. Alfonsina Storni hat als Künstlerin, als Mensch, als berufstätige Frau und ledige Mutter viel für ihr Werk gewagt. Mit ihrem Wort inspiriert sie und macht Mut. Deshalb geht es hier um ihr gelebtes Leben, das Werk, das sie hinterlassen hat, nicht ihren Freitod. Diese erste deutsche Werkausgabe zeigt die Schriftstellerin Alfonsina Storni erstmals in ganzer Breite. Für alle, die sie lesen und ihr Werk kennenlernen möchten.
Alfonsina Storni und auch eine Schülerin von ihr sind im Radiofeature von Hildegard Keller & Bernard Senn (SRF 2010) und in Hildegard Kellers Podcast zu hören (Radio-Feature und Blog).
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